Zusammenfassung des Referats von Dr.med.vet Barbara Vogler zum Thema Krankheiten des Verdauungstraktes und VHK 2.

Nachdem der Rasselehrkurs schon lange angekündigt war, fand er am 12.02.2023 in Reiden LU im Restaurant Lerchenhof endlich statt. Rund 20 Blau- und Weisswienerzüchter sowie einige Gäste fanden sich im Restaurant ein. Während beinahe zwei Stunden informierte uns Dr.med.vet Barbara Vogler von der Universität Zürich über die Herkunft der Hauskaninchen, verschiedenen Krankheiten des Verdauungstraktes, VHK 2 sowie Ohrmilben. 

Im folgenden Text werden die wichtigsten Informationen zusammengefasst 

Evolution und Herkunft:
Die Kaninchen stammen von den hasenartigen Tieren ab und unterscheiden sich in einigen Punkten von den Hasen. Unteranderem sind die Kaninchen keine Nagetiere, da sie im Oberkiefer über vier Schneidezähne (zwei grosse sichtbare Schneidezähne und zwei Stiftzähne dahinter) verfügen, Nagetiere jedoch nur über zwei. Ursprünglich kommen Kaninchen von der Iberischen Halbinsel, die kontrollierte Kaninchenzucht begann um ca. 540 nach Christus. 

Fütterung von Kaninchen:
Kaninchen brauchen eine rohstofffaserreiche Ernährung, dabei ist vor allem Heu das wichtigste Element, zusätzlich sollte Wasser immer zur Verfügung stehen. Hier gibt es die Möglichkeit eine offene Wasserschale oder eine Nippeltränke zu verwenden. Bei beiden Varianten muss gut auf die Hygiene geachtet werden, damit sich kein Biofilm im Gefäss bildet. Wird dem Wasser Apfelessig (auf 10l Wasser 3 EL Apfelessig) beigegeben, kann die Bildung dieses Biofilms verhindert werden. Der Apfelessig wirkt jedoch milchhemmend, daher sollte während der Trage- und Säugezeit auf den Apfelessig und andere milchhemmende Zusätze im Wasser verzichtet werden. Kranken Tieren fällt es oft schwer, ihren Wasserbedarf mittels Nippeltränken zu decken, da diese oft weiter oben hängen. Wenn dies erkannt wird, sollten offene Wasserschalen verwendet werden.

Vorbeugung und Früherkennung von Krankheiten des Verdauungstraktes:
Das Gewicht der Tiere sollte regelmässig kontrolliert werden. Das Fell kaschiert den Gewichtsverlust und es ist teilweise nicht ersichtlich, wenn Tiere deutlich an Gewicht verloren haben. Zusätzlich sollten die Zähne regelmässig kontrolliert werden. Zahnmissbildungen der hinteren Backenzähne sind nicht immer ersichtlich, da diese nicht zwangsläufig eine Missbildung der Schneidezähne nach sich ziehen müssen. Bei der täglichen Pflege muss das Verhalten, sowie die Konsistenz des Kots stets beobachtet werden. Die Hygiene im Stall ist sehr wichtig, hier ist vor allem eine gute mechanische Reinigung wichtig und zu empfehlen. Desinfektionsmittel sollten eher sparsam eingesetzt werden, denn nicht alle Desinfektionsmittel sind gegen Kokzidien wirksam, z.B. das Mittel Neopredisan kann dagegen eingesetzt werden. 

Stationen der Verdauung:
Die Schneidezähne eines Kaninchens wachsen im Jahr 10-15cm, daher ist daher wichtig, dass sie die Zähne abnutzen können. Die Abnutzung erfolgt einerseits durch die häufigen Kaubewegungen, indem die Zähne „mühlenmässig“ aneinander reiben. Dies funktioniert jedoch nur bei einer korrekten Zahnstellung. Das Nagen an Ästen oder hartem Brot ist ein wichtiger jedoch nicht der zentrale Faktor. 

Der Magen des Kaninchens ist grundsätzlich schlecht bemuskelt, dies führt dazu, dass die Tiere nicht erbrechen können. Eine weitere Folge ist, dass die Nahrung im Magen nur weitertransportiert wird, wenn neue Nahrung nachkommt und den bereits vorhandenen Nahrungsbrei weiterschiebt. Kaninchen fressen daher während des gesamten Tages 30-50 kleine Portionen. Geschieht dies nicht, beginnt die Nahrung im Magen zu gären und die Tiere blähen sich auf, was fatale Folgen haben kann.

Der Kaninchendarm ist ca. 3.5m lang, wobei der Blinddarm proportional zu andern Tieren deutlich vergrössert ist. Im Blinddarm wird ein spezieller Kot gebildet, welchen die Tiere jeweils nochmals fressen, um weitere Nährstoffe aufzunehmen. 

Kokzidien:
Es gibt elf verschiedene Arten von Kokzidien, wobei eine davon die Leber befällt und die restlichen den Darm. Kokzidien sind einzellige Parasiten, welche ausschliesslich Kaninchen befallen. Sie werden von Kaninchen im Kot ausgeschieden und durchlaufen im Boden / in der Einstreu verschiedene Stadien, bis sie wieder infektiös sind. Im Boden können Kokzidien bis zu einem Jahr überleben(!), bei Ausläufen ist daher Vorsicht geboten. Kokzidien zerstören die Darmzellen und führen so zu Durchfall und zum Aufblähen des Verdauungstraktes. Die Tiere stecken sich oft gegenseitig an, es sind vor allem Jungtiere betroffen.

VHK 2:
Die Virale Hämorrhagische Krankheit stammt ursprünglich aus Frankreich. Seit dem Jahr 2018 wird in der Schweiz VHK1 nicht mehr nachgewiesen, sondern ausschliesslich VHK2. Diese Krankheit ist hochansteckend und endet für die meisten Tiere tödlich. Sie kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt durch Fliegen, Zecken, Flöhen, Geräte, Kleidung, etc. übertragen werden. In der Schweiz werden Wildkaninchen als Überträger ausgeschlossen, da es praktisch keine Wildkaninchen-Population mehr gibt. 
Der Tod tritt bei dieser Krankheit meistens sehr schnell ein. VHK2 schädigt die Leber so dass die Kaninchen schliesslich an Leberversagen oder am Versagen weiterer Organe sterben. Der Virus ist sehr resistent, daher dürfen daran verendete Tiere nicht in der Kadaversammelstelle abgegeben werden, sondern sollten zur Nachweisung eingesendet werden. Die Krankheit ist meldepflichtig, d.h. ein Tierarzt muss beigezogen werden, welcher später die Kantonsbehörden informiert. Bereits seit einigen Jahren werden die Kaninchen in der Schweiz geimpft, dies wird weiterhin empfohlen.
Laut der Statistik vom BLV gab es 2020 11 Fälle, 2021 14 und 2022 33 Fälle.

Ohrmilben:
Ohrmilben können beispielsweise über das Heu in den Stall eingeschleppt werden. Sie reizen das Gewebe im Ohr, wodurch die Kaninchen beginnen sich selbst zu kratzen. Dadurch wird die Haut im Ohr zerstört. Es kann auch dazu führen, dass die Kaninchen ihr Ohr beginnen hängen zu lassen oder den Kopf schief halten. Gegen die Ohrmilben kann eine entsprechende Salbe benutzt werden. 

Einschicken eines verendeten Tieres:
Das abgekühlte Tier wird zunächst in einen Plastiksack gelegt und anschliessend in einer Schachtel verpackt. Diese wird dann per A-Post an die Universität Zürich geschickt. Das Paket sollte nicht über das Wochenende verschickt werden, da das Paket erst am Montag ankommt. Die Kosten für den Tierhalter belaufen sich auf ca. 100Fr. Die Universität wird dann den Erreger feststellen, für die Behandlungsmöglichkeiten muss allerdings ein Tierarzt beigezogen werden. 

Kontaktdaten:
Bei weiteren Fragen darf man sich an Dr.med.vet Barbara Vogler, Assistentin Nationales Referenzzentrum für Geflügel- und Kaninchenkrankheiten, unter 044 635 86 31 oder via Mail bvogler@vetbakt.uzh.ch melden. 

Weitere Informationen sind zudem auf der Internetseite der Universität Zürich unter folgendem Link zu finden:

https://www.ivb.uzh.ch/de/services/DienstleistungenGefluegel.html

Die Präsentation von Dr.med.vet Barbara Vogler wurde den Kursteilnehmern per Mail zugestellt. Falls diese bei jemandem nicht angekommen sein sollte, kann er/sie sich unter daniel.bodenmann@flashcable.ch an unseren Klubpräsidenten wenden.

Wir danken Frau Dr.med.vet Barbara Vogler für das interessante Referat.
Wir danken zudem allen Interessierten, welche sich heute die Zeit genommen haben und in den Lerchenhof nach Reiden gekommen sind.